Arnim Zöller (22.07.1929-29.05.2024)

Während seiner Amtszeit als Vereinsvorsitzender hat Arnim Zöller nur wenige Vereinsabende oder Heimkämpfe seines Vereins verpasst. Das zeigt, dass der Verein für ihn mehr als eine Pflicht war und er diszipliniert und vorbildlich für alle Mitglieder da war. Als pensionierter Schuldirektor hat er alles perfekt organisiert, sei es den gemeinsamen Vereinsabend, die Vorbereitung der BMM-Mannschaftskämpfe (ich erinnere mich besonders an den jährlichen BMM-Übersichtsplan für die Hermsdorfer Teams) und die jährlichen Vereinsreisen (aus der Reise nach Greifswald 2010 stammt das Bild am Brett). In den 80er Jahren fanden in Hermsdorf Vorrunden zur Jugendeinzelmeisterschaft statt. Trotz langer Anreisen wollten viele Jugendliche die von Arnim vorbildlich organisierten Vorrunden dennoch in Hermsdorf mitspielen.
Für mich war Arnim besonders kurz vor und während meiner Amtszeit als Präsident ein wichtiger Gesprächspartner und ein klarer Denker, der mir viele wertvolle Tipps gegeben hat. Ich mochte ihn sehr und habe auch zum Ende seiner Amtszeit im Verein die besondere Ehrung Arnims durch den Berliner Schachverband bei der Hauptversammlung des VfB Hermsdorf vornehmen dürfen. Ich habe selten einen so zuverlässigen und gleichzeitig humorvollen Menschen kennengelernt.
Mit Arnim Zöller verliert das Berliner Schach ein Urgestein an Vereinsvorsitzenden, einen außerordentlich guten Organisator und ich persönlich einen freundschaftlichen Ratgeber, an den ich mich jederzeit mit viel Freude erinnern werde.
Carsten Schmidt (Ehrenpräsident)
Im Folgenden die persönlichen Worte seines langjährigen Stellvertreters beim VfB Hermsdorf, Joachim Lißner, zur Beisetzung am 03. Juli 2024. Äußerst humorvoll, wie man es auch von Arnim gewohnt war:
„Als ich im Winter 1986 erstmals die Seniorenfreizeitstätte in der Hermsdorfer Berliner Straße am Waldseeweg betrat, begrüßte mich Arnim Zöller und ließ mich gleich ein paar Partien mit Vereinsmitgliedern absolvieren, bei denen ich zwar viel verlor, aber mich halbwegs achtbar aus der Affäre zog.
An einem der Tische, auf dem Nebenstuhl seine unvermeidliche Aktentasche, drinnen schon mal Mathe-Klausuren, die er während des Spielabends vorbereitete, und natürlich ein Päckchen Stullen für den kleinen Hunger zwischendurch, beobachtete Arnim mit seinen verschmitzten Augen hinter der Brille das bunte Treiben der Blitzenden oder geruhsam uhrfrei Spielenden, erduldete die auch schon mal lärmenden Jugendlichen. Das Lehrerdasein härtet einen ab fürs Leben.
Nur selten, wenn jemand mal gar keinen Spielpartner fand, setzte er sich selbst ans Brett. Man lernte viel bei ihm. „Immer genau hinsehen, was der Gegner will, immer schön prüfen, ob nicht der eigene Plan eine Lücke hat.“
Aber auch abseits des Schachs hatte Arnim immer ein offenes Ohr und guten Rat. Seitdem weiß ich z.B. Mückennetze sehr zu schätzen.
Trotz seines zeitweise intensiven politischen Engagements achtete er aber penibel darauf, dass im Verein die verschiedenen, oft sehr konträren Überzeugungen, wie das Land zu regieren sei, außen vor blieben. Ob Konservativer, Liberaler, Öko, Linker, wir waren ihm alle lieb und teuer. Gegenrede kam als nette Frage an, ließ alle ihr Gesicht wahren. Das Verbindende an einem Verein – das war das Wichtige. „Vergiss nie, man hat es immer mit Menschen zu tun, mit all ihren Stärken und Schwächen. Du kannst Dich nie blind auf etwas verlassen.“ Als Lehrer lernt man so etwas.
Und im Sport. Schon bald nach dem Krieg war Arnim in die Feld (!)-Handball-Abteilung des VfB Hermsdorf eingetreten und war von 1952-55 und nach Überwindung einer Tuberkulose-Erkrankung noch einmal von 1957-58 Vorsitzender. Handball spielte Schicksal: Hier lernte er als Trainer der Mädchen auch seine spätere Frau Christel kennen. 1970 fand er auch zum Schach und trat mit seinem damals 9-jährigen Sohn Ralf beim SK Caïssa ein. Ralf entwickelte sich ja sehr schnell sehr gut und profitiert auch heute noch vom Wissen von damals. Durch Ralf kam es auch zur Ausrichtung der zuerst nur lokalen Tandemturniere, die inzwischen von weltweiter Bedeutung sind und gerade zum 20. Mal in Berlin ausgetragen wurden.
Caïssa war lange Jahre mit eine Keimzelle des Berliner Schachs. Mittendrin immer der Mann in der braunen Stoffhose und dem roten Pullunder über dem karierten Hemd, ein Lächeln auf den Lippen. Vorsitzender von 1980, als der seit 1949 unstet umherwandernde Verein final am Waldseeweg zur Ruhe kam, bis 1984 und wieder ab 1987.
Als sich 1985 Kasparow und Karpow um die WM beharkten, boomte Schach in Deutschland. Und Arnim brach den Widerstand des VfB Hermsdorf, parallel zu Caïssa auch eine eigene Schachabteilung zu eröffnen. Die mit ihm als Vorsitzendem gleich mal das Rauchen im Saal untersagte und Vorreiter für den Verband war. Ich habe das Gequarze am Brett nicht mehr erdulden müssen und bin sehr dankbar dafür.
Als Arnim aber die Idee durchzusetzen versuchte, dass der SK Caïssa, dem er dann auch wieder vorsaß, mit der Schachabteilung im VfB verschmelzen sollte, gab es bei Caïssa großen Widerstand. Eine einstweilige Verfügung auf Antrag eines Mitgliedes machte dem Plan ein Ende. Beide Vereine übten sich in der Folge Jahrzehnte in friedlicher Koexistenz – am selben Ort zur selben Zeit. Man wusste gar nicht, wer wo Mitglied war. Es war ja am Brett auch egal.
Alle unternahmen zusammen die jährlichen Schachfahrten bzw. Schachreisen. Der Unterschied: Fahrten sind Tagestouren, Reisen dauern mindestens zwei Tage. Vorab fuhren Arnim und Christel immer schon in den Kurzurlaub zum avisierten Vereinsreiseziel und checkten die Lage. Was man dort machen könnte, Ausflüge, Kulturprogramm, ob der Gastgeberverein von der Stärke her passt und genug Spieler zusammenbekommt usw. Es heißt ja oft, die wahre Arbeit in einem Verein macht der Vize, der Präsi repräsentiert nur. Arnim sah das anders, hier arbeitete der Chef leidenschaftlich selbst. Lange Jahre war ich sein Stellvertreter – und hatte recht wenig zu tun. Auch dafür war ich ihm immer dankbar...
Irgendwann ging dann aber sogar ein leidenschaftlicher Lehrer wie er in Pension. Im Verein hatte er zunehmend weniger Lust, am Spielabend bis ganz zum Schluss zu bleiben. Er gab 2007 die Leitung von Caïssa an Martin Hamann ab. Im März 2016 mit 86 hörte er dann auch beim VfB auf. Auch hier folgte ihm Martin Hamann nach. Im gleichen Jahr wurde Arnim zum Ehrenmitglied des VfB Hermsdorf ernannt – sehr berechtigt nach 30 Jahren als Vorsitzender der Schachabteilung und 70 Jahren Mitgliedschaft in vielen Funktionen bei den Handballern.
Ein echtes Schmankerl war dann noch mal die letzte BMM-Partie, zu der ich ihn überreden konnte.
3. Mannschaft, letztes Brett. Der Gegner: Werner Windmüller, ein gutes Jahr jünger, 59 Jahre Vorsitzender bei Berolina Mitte, ein Bruder im Geiste quasi. Werner gewann nach spannendem Verlauf und ist immer noch aktiv – als Spieler und Funktionär. Chapeau!
Arnim aber tauchte in der Folge nicht mehr im Verein auf, gelegentlich konnte ich ihn noch am Telefon sprechen. Aber Schach war Vergangenheit für ihn. Speziell nach dem Tod meines Vaters (Jahrgang 1928) im Jahre 2002 hatte ich bis dann immer freundlichen offenen Rat von ihm bekommen können. Gerne auch mal in seinem Auto auf der Rückfahrt aus Hermsdorf, als er mich nach einem meiner inzwischen seltenen Besuche im Verein bis vor die Haustür fuhr. „Bist Du sicher, dass Du nicht in einen Hundehaufen getreten bist?“ Das wollte er nicht in seinem Wagen riechen müssen. Auf der Straße habe ich mich immer supersicher gefühlt bei ihm, selbst als er schon weit über 80 war. Denn er fuhr, wie er Schach spielte und lebte: in Maßen, immer schön den Verkehr prüfend, zuverlässig.
Er sagte mir mal, er glaube, er könne eigentlich nichts richtig. Hier lag er falsch.
Ich finde, lieber Arnim, hier lagst Du ausnahmsweise komplett falsch.
Alles richtig gemacht! Ich vermisse Dich und Deine Denkanstöße sehr.
Ruhe in Frieden, alter Freund!
Joachim Lißner
Mitglied beim SK Caïssa Hermsdorf-Frohnau, beim SC Weisse Dame und ehemals in der Schachabteilung des VfB Hermsdorf“
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