Danke, Ulli

Zum diesem Artikel habe ich über einige Überschriften nachgedacht: "(K)ein Nachruf auf Ullrich Fitzke", "Ulli hat uns verlassen" oder "Ulli ist von uns gegangen" treffen zwar denselben Inhalt, doch erzeugen diese Überschriften ein ungutes Gefühl in der Magengegend, da sie normalerweise zu traurigen Anlässen genutzt werden. Das musste ja nun nicht sein. Ein erfreulicher Anlass ist in diesem Artikel zwar nicht gegeben, doch vorweg: Ulli geht es bestens, er genießt seinen Ruhestand ausgiebig und steckt die viele Freizeit des Rentners in seine drei Lieblingshobbies: Enkel, Reisen, Schach. Häufig störe ich ihn mit meinen Anrufen auch bei diversen kulturellen Veranstaltungen, was wohl in letzter Zeit etwas zurückgefahren wurde. Dafür bekam ich in den letzten Monaten häufig lange E-Mails von ihm, da er seiner letzten, traurigen Pflicht als Abteilungsleiter der Abt. Schach des SV Bau-Union Berlin nachkommen muss, nämlich der Abwicklung seiner Abteilung.

Wie es dazu kam, wird vielen evtl. bekannt vorkommen, es ist heuer leider ein verbreitetes Phänomen: Der SV Bau-Union ist/war ein Mehrspartenverein in Berlin-Lichtenberg. Er ging aus dem Verein "WBK Lichtenberg" (Wohnungsbaukombinat) hervor, welcher seit ca. 1950 auch eine Schachgruppe besaß (aus deren Jugend entstammen z.B. Udo Woyte und Ralf Hantusch). Ein weiterer Verein in diesem Bezirk war der SK Lichtenberg 1990 (mein erster Verein). Im Jahr 2000 löste sich der SK Lichtenberg auf. Die "Jüngeren" gingen zu Borussia Friedrichsfelde (inzwischen Borussia Lichtenberg), die "Älteren" und damit auch Ulli wechselten zu Bau-Union. Dort wurde er auch gleich Abteilungsleiter. Mit dem benachbarten Borussia Friedrichsfelde (inzwischen Borussia Lichtenberg) gab es die v.a. im Pokal, der Feierabendliga und der BMM bekannte Spielgemeinschaft SG Lichtenberg. Mit vereinten Kräften stieg man in die Stadtliga auf und konnte 2011 sogar den Berliner Pokal gewinnen. Alles hätte so schön weitergehen können, wenn nicht... Ja, wenn nicht das ehrenamtliche Engagement in den letzten Jahrzehnten immer weiter zurückgegangen wäre. Die Leitung des Gesamtvereins SV Bau-Union Berlin arbeitete seit ca. 20 Jahren ehrenamtlich. Mit etwas über 1.000 Mitgliedern kommt da einiges an Arbeit auf. Diese Arbeit sollte nun langsam auf die nächste Generation übertragen werden, doch leider fand sich trotz zweijähriger Suche niemand. Daher wird lediglich die Abteilung Fußball den Vereinsnamen behalten, während alle anderen Abteilungen andere Wege gehen müssen. Davon ist auch die Schachabteilung betroffen, die am Ende noch 19 Mitglieder zählte, davon 2 passiv, und die nun zum 31.12.2020 aufgelöst wird. Die Mitglieder sind damit nicht mehr im BSV gemeldet, sofern sie sich keinem anderen Verein anschließen. Naheliegenderweise sind bereits einige Bau-Unioner zu Borussia gewechselt, andere warten noch, bis man wieder Offlineschach spielen kann.

Nun hatte Ulli gleich drei Möglichkeiten: Der Wechsel zu Borussia stand in Konkurrenz mit einem Wechsel zu Eintracht, da er in Marzahn wohnt. Auch eine Fokussierung auf das Betriebsschach bei der Deutschen Bahn/BSW kam in Frage, wofür er sich schlussendlich - leider - entschied. Sein Lichtenberger Schachverein und der BSV verlieren damit einen starken Schachspieler, einen emsigen Ehrenämtler (Vorsitzender in Schachvereinen seit 1993) und einen sympathischen Menschen, der v.a. in Ostberlin bekannt war wie ein bunter Hund. Wie oft bin ich bei BMM-Runden mit Grüßen an Ulli nach Hause gefahren? Mein Verein verliert einen Mannschaftsleiter, der immer eine für alle verträgliche Lösung bei Personalfragen anstrebte, wobei er sich häufig ohne großen Streit mit mir zu einigen wusste (was nicht so einfach ist), weil ich die Mannschaft über oder unter ihm leitete. Ich habe Ulli nie mit schlechter Laune erlebt, selbst nach Niederlagen, lächelte er, sprach positiv über seinen Gegner und ließ uns an seinen aus seiner Sicht unnötigen Fehlern teilhaben. Umso stolzer war er nach guten Partien oder Turnierergebnissen die er per Mail einen kleinen, auserwählten Kreis kund zu tun pflegte. 2018 bekam er für seine jahrzehntelange Arbeit als Vereinsvorsitzender die Silberne Ehrennadel des Berliner Schachverbandes.

Verleihung der Silbernen Ehrennadel 2018

Bemerkenswert (für jemanden mit einer Sauklaue wie mich) ist seine vorbildliche Handschrift. Er braucht zwar etwas länger beim Schreiben, doch kann kein Drucker der Welt diese akkurate Handschrift wiedergeben.

Glücklicherweise es gibt auch gute Nachrichten: Ganz weg ist Ulli nun auch wieder nicht. Er wird uns weiterhin mit seinen Turniererfolgen auf dem Laufenden halten, da er fleißig in ganz Deutschland und halb Europa Turniere spielen wird. Er hat zugesichert, weiterhin als "Mr. Siegerehrung" beim Abrafaxe-Turnier aushelfen zu wollen (daher ist auch das Einleitungsbild, vom Abrafaxe-Turnier 2017). Und auch als Touristenführer im Rahmenprogramm von Deutschen Meisterschaften hat er dieses Jahr bei der Deutschen Ländermeisterschaft Gefallen gefunden und mir zugesichert, dass er dafür - als gebürtiger Lausitzer - auch weiterhin zur Verfügung steht. Wahrscheinlich wird sich Ulli auch auf diversen Turnieren des BSV sehen lassen, sodass es noch viele Treffen geben wird - nur leider nicht mehr im Rahmen unseres Lichtenberger Vereins.

Bearbeiter: Olaf Sill | | Archiv: BSV - Nachrichten | ID: 12652

Kategorie: Aus den Vereinen

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