Verbandstag im Schnelldurchlauf

30. März 2015 im Coubertinsaal beim Landessportbund Berlin

Wären die Ehrungen nicht gewesen, hätte man den Verbandstag gleich im Foyer des Landessportbundes am Olympiastadion abhandeln können. Sozusagen ohne die Mäntel, Jacken und Mützen abzulegen. Bei allen (angekündigten) Abstimmungen gab es ein Votum, das selbst die DDR-Volkskammerwahlen in den Schatten stellt: 100 Prozent. So war die Zusammenkunft der Berliner Verbandsführung mit den Vereinsvertretern schon nach nicht einmal zwei Stunden beendet.

Präsident Carsten Schmidt eröffnete um kurz nach 18 Uhr den Verbandstag und ernannte Martin Hamann wie üblich zum Sitzungsleiter und seine Geschäftsstellenmitarbeiterin Bettina Bensch wie üblich zur Protokollführerin.

Der große Vorsitzende erinnert in seiner Eröffnungsrede an die in den letzten Monaten Verstorbenen, darunter unter anderem Harald Lieb, Dirk Tausch, Wilfried Pilgrim und Dr. Joachim Eichler. Auch den 150 Opfern der Flugzeugkatastrophe von Frankreich gehört die anschließende Schweigeminute.

Alfred Seppelt zu Gast

Zwanzig Jahre bis 2004 führte der inzwischen 85-Jährige den Berliner Schachverband. Alfred Seppelt war während seiner Amtszeit allgegenwärtig. So hat er wohl jedem "seiner" Vereine einen Überraschungsbesuch am Trainingsabend abgestattet. Nicht nur einmal stand er bei uns auf der Matte, als wir (SV Berolina Mitte) noch in einer Art Wohnung in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße spielten. Ein Präsident besucht sein Volk.

Nach seinem Amtsende sind die Klub- und Turnierbesuche weniger geworden. Um "sein" Politikerturnier kümmerte er sich aber nach wie vor, wodurch er auch regelmäßig in der Geschäftsstelle des Verbandes ein und aus ging. Mit zunehmenden Alter und abnehmender Gesundheit gab er das Turnier in jüngere Hände ab. Was leider gleichbedeutend mit dem schleichenden Aus der Veranstaltung war.

Trotz Altersdemenz und Rollstuhl schien der Ehrenpräsident des Verbandes noch gut in Form zu sein. Viele seiner Mitstreiter erkannte er wieder und wußte oft sogar noch den Namen. Sogar meinen, obwohl ich mit dem Gedanken spielte, mich kurz vorzustellen. Aber bei 25 größtenteils gemeinsamen Jahren bleibt eine Menge hängen.

Bis zum Ende hielt Seppelt nicht durch. Noch bevor der Block mit den Ehrungen kam, richtete er ein paar Worte an die Anwesenden und verließ danach mit seinem Begleiter die Versammlung.

Ehrungen

Die Ehrungen nehmen wie jedes Jahr einen großen Platz in der Tagesordnung ein. Vizepräsident Martin Sebastian ruft als ersten IM Julian Urban nach vorn, dessen Käthe-Kollwitz-Gymnasium groß bei Deutschen und Berliner Schulschachmeisterschaften abräumte. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat als Trainer auch GM Robert Rabiega, der anschließend von Carsten Schmidt nach vorn zitiert wird. Der Großmeister nahm die Ehrungen für die Deutschen Blitz-Einzel- und Mannschaftsmeistertitel für ihn selbst und seinen Verein SK König Tegel entgegen.
In Abwesenheit ehrte Schmidt dann auch noch GM Martin Krämer, der zweimal hintereinander Deutscher Schnellschachmeister wurde und in Dresden in diesem Jahr wohl den Hattrick anstreben wird. Solche Tripel sind nicht selten in der gesamtdeutschen Geschichte dieser Meisterschaft. Zuletzt gelang dies IM Podzielny (2007-09), davor GM Bischoff (2003-05) und auch Rabiega (1998-2000) und GM Gutman (1990-92) durften schon Titel in Serie sammeln.

Nach den Ehrungen der Spieler kamen die Funktionäre an die Reihe. Wobei der zuerst Geehrte auch ein sehr guter Spieler ist. Ohne FM Benjamin Dauth wäre die BMM gar nicht mehr denkbar. Vor einer gefühlten Ewigkeit hat er dafür ein Skript programmiert, über das man alle Ergebnisse eingeben und in Realzeit abrufen kann. Logisch, daß er dann irgendwann die BMM als Turnierleiter übernahm.
Weil das alles für eine Ehrung vielleicht noch nicht reicht, war Benjamin auch für einige Zeit ab 2006 Landesjugendwart. Aber solch eine leitende Tätigkeit lag dem heute 39-Jährigen wohl nicht.
Nichtsdestotrotz war damit endlich das Maß voll und die Silberne Ehrennadel des Berliner Schachverbandes wurde Benjamin von Landesspielleiter Andreas Rehfeldt, der die Laudatio hielt, und Schmidt überreicht. Eine längst überfällige Auszeichnung!

Eine nette Episode erzählte Rehfeldt über die Deutsche Vereinsmeisterschaft u16/u20 vor rund 10 Jahren in Berlin. Damals war Benjamin Schiedsrichter und einer der jungen noch namenlosen Spieler hieß Niclas Huschenbeth. Der heutige Großmeister und YouTube-Blogger ging damals im Blitzschach gegen Benjamin unter. Niclas danach: "Du bist doch hier der Schiedsrichter. Wie kannst Du so gut Schach spielen?!"

Silberne Ehrennadel auch für Werner Wiesner

Der Nächste auf der Liste der Ehrungen war der seit 2004 als Seniorenreferent tätige Werner Wiesner. Carsten Schmidt hielt hier die Laudatio, wobei er sich auch auf Informationen stützte, die ich wenige Tage zuvor Werner in einem Telefonat ganz so nebenbei entlockte. Eben aus historischem Interesse. Und um die mir schon bekannten Daten noch einmal zu verifizieren.

Es schien, als ob Werner keinen Verdacht schöpfte. Als der Präsident zu seiner Rede ansetzte, wurde ihm erst nach einigen Sätzen klar, daß es um ihn ging. Mit zunehmender Dauer berührten ihn Schmidt's Worte auch emotional. Dem 72-Jährigen kamen irgendwann die Tränen und ergriffen nahm er die Auszeichnung entgegen.

Weitere Ehrungen

Nach dem gefühlvollen Höhepunkt des Verbandstages sorgte der Landesspielleiter für den heiteren Höhepunkt. "Will jemand spontan eintreten?" fragte er in die Runde, weil niemand von TuS Makkabi unter den Delegierten saß, der die Trophäe für den Sieg in der Berliner Landesliga entgegennehmen konnte.

Anwesend dagegen war Werner Koch, um einen Gutschein für ein Diner zu zweit entgegenzunehmen. Da seine bessere Hälfte, Ehefrau Barbara, bei diesem Verbandstag die Versorgung mit kalorienreichen Nahrungsmitteln übernahm, war auch schon klar, mit wem er diesen Gutschein einlösen müßte.

Der inzwischen 78-Jährige wird sein Amt als Schatzmeister des Verbandes einfach nicht mehr los. Seit nunmehr 26 Jahren(!) sitzt er fest auf diesem Thron, an dem bisher keiner zu rütteln wagte. Nur 1991 duldete er für knapp drei Monate einen Konkurrenten neben sich. Damals, nach der Wiedervereinigung beider Berliner Verbände, war Kurt Eberhardt gleichberechtigter Schatzmeister.

Das sind betörende Aussichten, wenn ich da an mich denke. Immerhin sitze ich auch schon seit dem Internet-Debüt 1996 fest im Sattel als Webmaster des Verbandes. Keiner traut sich die Methusalems vom Sockel zu stürzen.Okay, ich bin ein paar Jährchen jünger, blutjunge 50. Da ist wohl noch viel Luft nach oben. Bei der Amtsnachfolge von Werner Koch wird es aber bereits akut. Wer fit in Finanzmathematik und Steuern ist, womöglich auch eine entsprechende Ausbildung nachweisen kann, sollte sich unbedingt beim Präsidium melden. Sonst steht der Verband womöglich bald ohne Schatzmeister da.

Anträge

Irgendwie muß mich meine Vereinsvorsitzende falsch instruiert haben. Da sie selbst nicht am Verbandstag teilnehmen konnte, sagte sie mir telefonisch, wie ich mich bei den Abstimmungen zu verhalten hätte. Doch keine der Abstimmungen stand auf dem Programm, wie ich auch leicht in den Materialien zum Verbandstag nachlesen konnte.

Das Mitteilungsblatt wurde zum Beispiel endgültig zu Grabe getragen. Der dafür bestimmte Referent wurde aus der Satzung gestrichen. Mit 100 Prozent Zustimmung.
Bis zum Juni 2011 war ich der letzte Amtsinhaber, seitdem war niemand bereit, dieses Referat wieder mit Leben zu füllen. Es ist halt ein sehr zeitaufwendiger Job. Und er hat sich überlebt, jedenfalls in unserem Verband. Wer aktuelle Informationen will, schaut ins Internet. Dort findet man übrigens viele der alten Hefte in digitalisierter Form: mb.berlinerschachverband.de.

Die zweite Satzungsänderung (eigentlich nur Teil B des vorhergehenden Antrages) war die Umbenennung des Referats "Presse" in "Öffentlichkeitsarbeit". Auch das ist seit Jahren unbesetzt. Und es fand sich auch diesmal niemand, der diesen Posten ausfüllen möchte.

Dabei nahm der Präsident später noch ausführlich Stellung zu diesem Problem. Am 25. März war er Gast des Stammtisches der Berliner Vereinsvorsitzenden, wo auch das ein Thema war. "Es erwartet niemand Berichte oder ähnliches, sondern eine Koordination der Öffentlichkeitsarbeit" ermunterte Schmidt die Anwesenden in ihren Vereinen jemanden zu suchen, der sich dieser Aufgabe widmen möchte. Wortmeldungen gab es dazu leider keine.

Wahl der Rechnungsprüfer

Da die Amtszeit von Ralph Püttner als Rechnungsprüfer bei diesem Verbandstag endete, war die Wahl eines Nachfolgers notwendig geworden. Carsten Schmidt schlug Hans-Dieter Ostwald (SC Eintracht) vor. Der 61-Jährige bekam 100 Prozent der Stimmen. Was auch sonst. Ich hatte es ja eingangs angekündigt.

Als Ersatzprüfer wurde Cord Wischhöfer (SC Weisse Dame) durchgewunken. Der war von seinem Vereinsvorsitzenden Thorsten Groß vorgeschlagen worden.

Frank Hoppe

Bearbeiter: Frank Hoppe | | Archiv: BSV - Nachrichten | ID: 1649

Kategorien: Geschäftsstelle, Presse, Präsidium

Zurück

  •