Bericht vom Bundeskongress des Deutschen Schachbundes

Der Deutsche Schachbund lud am 11.05. zum außerordentlichen Bundeskongress in Neuwied ein, Schwerpunkt war wenig überraschend die Frage der Finanzen. Dabei stand der zukünftige Nachtragshaushalt sowie der Jahresabschluss 2023 und die Haushalte 2024 und 2025 im Vordergrund.

Für den Berliner Schachverband waren Präsidiumsbeisitzer Carsten Haase sowie ich, Paul Meyer-Dunker, als Präsident vor Ort und nahmen die acht Berliner Stimmen wahr. Der Bericht ist in Zusammenarbeit entstanden.

Die Vorzeichen waren nicht sonderlich berauschend. Die schwierige Finanzlage sorgt vor dem Hintergrund der entstandenen Misere für berechtigte kritischen Blicke der Verbände auf die Arbeit und weiteres Geld für den DSB. Trotzdem wurden die Haushaltsunterlagen erst 1,5 Wochen vor dem Kongress zur Verfügung gestellt, obwohl die satzungsgemäße Frist dafür mehr als einen Monat vorsieht.

Der Antrag des DSB-Präsidiums gemeinsam mit der Deutschen Schachjugend zur Erhöhung des Mitgliedsbeitrages war leider auch ziemlich mangelhaft. Anstatt genau darzulegen, welche Einnahmepotenziale genutzt wurden oder ggf. noch gesehen werden sowie die Einsparungen seit Amtsübernahme zu beschreiben, wurde salopp auf die Versäumnisse der Vergangenheit und die Inflation verwiesen, sowie rudimentär ein paar "neue" Aufgaben beschrieben. Kein Wort darüber, wofür die rund 70.000 € zusätzlich im Jahr 2025 genutzt werden sollen, welches Ziel verfolgt wird und was schon alles getan wurde.

Es gab eine Menge Fragen, die das Präsidium offenließ, weshalb wir als Berliner Schachverband vor dem Kongress einen Fragenkatalog mit 13 Fragen zum Haushalt versandten, der tatsächlich auch zeitnah und ausführlich beantwortet wurde. In diesem Fragenkatalog offenbarten sich allerdings auch mehrere fragwürdige Aspekte. Zum einen offenbarte das Präsidium, dass kein Nachtragshaushalt 2024 geplant sei.
Zitat: "Da wir für 2024 zwischen dem im Dezember genehmigten Haushalt und dem Stand heute keine signifikanten Abweichungen speziell bei Gesamtbetrachtung Einnahmen/Ausgaben haben, haben wir ja darauf verzichtet einen Nachtragshaushalt einzubringen, die 24 Zahlen sind die, die im Dezember 23 vorgestellt und freigegeben wurden."

Im Anschluss wurden diverse signifikante Veränderungen beschrieben. In Anbetracht der sensiblen Finanzlage wäre die Transparenz und Diskussion um einen Nachtragshaushalt 2024 mehr als angemessen gewesen, aber dazu später mehr.

Ebenfalls offenbarte sich, dass das Präsidium scheinbar öffentlich die Unwahrheit gesagt hat. Im Dezember 2023 hieß es in der Süddeutschen Zeitung wie folgt: "Trotzdem stand nach SZ-Informationen lange im Raum, die Mittel für den Leistungssport um bis zu 50 Prozent zu kürzen und Keymers Sonderförderung sogar gänzlich einzustellen. Das scheint sich nun erledigt zu haben. In dem Haushalt, den das Präsidium vorlegen will, stünden "die aktuellen Sonderförderungen nicht zur Disposition", sagt Lauterbach."

Dieser Haushalt wurde dann auch beschlossen, in der Antwort auf unseren Fragenkatalog hieß es dann u.a., dass bei den Erwachsenen die Sonderförderungen um 10.000 € und beim Nachwuchs um 7.000 € gekürzt wurden. Zusätzlich natürlich zu den Kürzungen der Turnierkostenzuschüsse der Kaderspielerinnen und Kaderspieler. Die fielen von 2023: 59.500 € auf 2024: 24.250 €. Vertrauen schafft ein solcher irritierender Vorgang nicht.

Das alles war vor allem deshalb tragisch, weil klar war, dass der Deutsche Schachbund die Beitragserhöhung um einen weiteren Euro auf 14 € pro Jahr gut gebrauchen kann. In der Geschäftsstelle wurden Personalstunden eingespart. Im Leistungssport wurden die oben beschriebenen Summen und noch mehr eingespart, Schach macht Schule, was endlich mal ein hervorragend funktionierendes Projekt war, ist gestrichen. Die ehrenamtlichen Referentinnen und Referenten haben im Prinzip kein Budget mehr, mit dem sie arbeiten können, was Engagement massiv behindert und Ideen häufig im Keim erstickt. Und die Liste ließe sich noch ein gutes Stück fortsetzen.

Irgendwie ins Bild passte, dass diverse Berichte von Referenten und Beauftragten fehlten, gerade auch zu Bereichen, wo wir einige Rückfragen zur Arbeit und den Aktivitäten hatten.

Insofern ging es für die Berliner Delegation eher mit einem mulmigen Gefühl zum Kongress nach Neuwied.

Der Kongress startete dann direkt etwas komisch. Es gab Verwirrung und Diskussionen darum, dass man das Abstimmverhalten der Delegierten bei den elektronischen Abstimmungen nicht mehr wie in den Vorjahren sehen konnte, was bei einer offenen Abstimmung in der Versammlung ja normalerweise möglich sein sollte. Dies löste der Vizepräsident Verbandsentwicklung dann damit, dass er einfach geheime Abstimmung für die gesamte Versammlung beantragte. Die Geschäftsordnung lässt das zu, aber der Vorstellung von Verantwortung von uns Berliner Delegierten entspricht ein solches Versteckspiel nicht.

Bei den Berichten konnten leider nicht alle unsere Fragen beantwortet werden konnten, tatsächlich blieb ziemlich viel offen. Wir Berliner Delegierte haben alle fehlenden Berichte konkret benannt und damit zumindest aus dem Bereich des Schiedsrichterwesens als Protokollanlage die Beantwortung einiger Frage zugesichert bekommen haben.

Neben vielen verdienten Ehrungen erreichte eine nicht minder verdiente Ehrung im IT-Bereich leider nicht die erforderliche 3/4-Mehrheit, vermutlich weil das Fingerspitzengefühl fehlte, mit diesem Ehrungsvorschlag bis zum Abschluss des IT-Projektes zu warten. Letztlich unschön und vermeidbar. Hoffentlich lässt sich dies nach Abschluss des Projektes korrigieren.

Der Gleichstellungsbericht des Präsidiums, der auf Antrag von Württemberg und Berlin erstellt werden sollte, war bedauerlicherweise nur eine wenig übersichtliche Aneinanderreihung von Mitgliedszahlen aus 2023 und 2024, für die auch keinerlei Zusammenfassung oder Schlussfolgerungen gezogen wurden. Den Anforderungen des Antrages entsprach dies enttäuschenderweise ganz und gar nicht, was besonders schade ist, weil aus Reihen des Berliner LVs, Hessen, sowie der Schachjugend von mehreren Seiten Unterstützung bei der Mitarbeit angeboten wurde. Dies wurde aber kein bisschen genutzt.

Schließlich stand die Beitragsdiskussion an. Wir kämpften für die Annahme des Antrages, um dem DSB den notwendigen Handlungsspielraum für die satzungsgemäßen Aufgaben zu geben. Trotz guter bis sehr guten Haushaltslagen in den Landesverbänden wollte fast eine Mehrheit des Kongresses dem DSB die notwendigen Mittel vorenthalten. Das war aber nach dem Verlauf der Diskussion teilweise auch verständlich. Auch hier setzte sich der Eindruck von vor dem Kongress fort, das Präsidium argumentierte abstrakt und mit Schreckensszenarien, anstatt die getätigten Einsparungen zu beschreiben und darzulegen, wofür der Extrabeitrag genutzt werden sollte. Insofern ist die Skepsis der größten Landesverbände NRW, Bayern, Württemberg und Niedersachsen absolut nachvollziehbar. Dass die Beitragserhöhung mit 52,5 % der Stimmen beschlossen wurde, ist jedenfalls kein guter Zustand. Das DSB-Präsidium ist dringend gefordert, die Sparaktivitäten, die es ja durchaus gibt, vernünftig darzustellen, sowie Maßnahmen zur Generierung weiterer Einnahmen zu ergreifen und auch diese Aktivitäten zu erklären. Außerdem sollte nicht der Blick dafür verloren gehen, dass die Haushaltskonsolidierung nicht der Kern aller Aktivitäten ist, sondern Mittel zum Zweck, um den Schachsport in Deutschland wieder angemessen fördern zu können. Welche Ziele das DSB-Präsidium hier aktuell fernab der Haushaltskonsolidierung verfolgt, ist an diesem Wochenende jedenfalls nicht deutlich geworden.

Im Anschluss wurde erst der Nachtragshaushalt 2024 vom Präsidium von der Tagesordnung genommen, anschließend offenbarte sich bei der Änderung des Haushaltsplans 2025 die Fortsetzung des mulmigen Gefühls. Die Vorstellung des Haushaltsplans misslang, Fragen konnten kaum beantwortet werden und zu allem Überfluss hatte sich auch noch die falsche Exceldatei in die Antragsvorstellung geschlichen. Nachdem die Vertagung dieses Punktes und die Einberufung eines weiteren außerordentlichen Kongresses fast schon beschlossene Sache war, ließ man sich doch auf unseren Appell ein, die Sitzung für eine Stunde zu unterbrechen, damit das Präsidium sich noch einmal sortieren kann, die richtigen Zahlen vorbereitet und Fragen beantworten kann, anstatt einen weiteren Sonderkongress mit diversen Kosten zu verursachen.

Das funktionierte dann zum Glück auch gut genug, dass schließlich der Haushalt verabschiedet werden konnte, nachdem die 16.000 € zusätzlich für die Deutsche Schachjugend, die eigentlich letztes Jahr bereits beschlossen, aber im Haushalt offensichtlich vergessen wurden, wieder in den Entwurf eingearbeitet wurden.

Schließlich ging es noch um einige letzte Anträge. Eine Mitgliederverwaltungsordnung wurde beschlossen, die Anträge zur Turnierordnung zurückgezogen, eine Änderung bei den Antrags- und Protestgebühren abgelehnt, sowie eine Umlage von einem Euro pro Mitglied abgelehnt, was nach der Beitragserhöhung absehbar war.

Unter Verschiedenes brachten wir noch die Frage ein, warum schach.in noch keinen Zugriff auf das neue System hat. Wir wollten wissen, ob und wie sichergestellt wird, dass dieses großartige Projekt auch in Zukunft erhält, was er zum Betrieb von schach.in benötigt. Hier wurde von DSB-Seite versichert, dass noch einige datenschutzrechtliche Fragestellungen grad in Klärung sind, man das aber zeitnah lösen möchte.

Mit gemischten Gefühlen ging es zurück nach Berlin, die Fahrt ein wenig sinnbildlich. Aus sechs Stunden Rückfahrt wurden 10,5 Stunden, es kam Problem über Problem. Ein Zugausfall, der nächste Zug blieb auf offener Strecke stehen, dann kam etwas, was man noch nie gehört hat, nämlich dass „auf schriftliche Dokumente gewartet wird, um die Zugfahrt fortzusetzen“ und am Ende hat es sich alles doch irgendwie gelohnt. Also alles fast so wie beim Deutschen Schachbund.

Bearbeiter: Paul Meyer-Dunker | | Archiv: BSV - Nachrichten | ID: 22687

Kategorie: Präsidium

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