† Alfred Seppelt

Frank Hoppe
Alfred Seppelt auf dem Verbandstag 2011

In der Nacht zum heutigen Mittwoch verstarb der Ehrenpräsident und langjährige Vorsitzende des Berliner Schachverbandes, Alfred Seppelt, im Alter von 86 Jahren. Am 30. März 2015 war Alfred Seppelt Gast bei unserem Verbandstag, wo er viele seiner Wegbegleiter noch einmal sehen konnte. Der Berliner Schachverband trauert um eine große Persönlichkeit des Berliner Schachs. Wir werden seine Leistungen für unseren Verband nie vergessen und in Ehren halten. Unser tiefes Mitgefühl und unsere Anteilnahme gilt seiner Familie. Für die Nachrufe von Carsten Schmidt und Martin Hamann bitte die Meldung anklicken.

Alfred Seppelt war von 1984 bis 2004 Präsident des Berliner Schachverbandes. Aber nicht nur in dieser Position hat er das Berliner Schachleben in Zeiten des gesellschaftlichen und politischen Umbruchs geprägt wie kein anderer. Als ich im Jahre 1993 erstmals in das Präsidium des Berliner Schachverbandes kam, lernte ich den damaligen Präsidenten kennen und merkte schnell, dass Alfred Seppelt Schach lebte. Es gab keinen Tag, an dem er nicht für das Berliner Schach unterwegs war, der obligatorische tägliche Besuch in der Geschäftsstelle, die Führung der Geschäfte des Berliner Schachverbandes von dort aus, die unzähligen Telefonate mit Hotels, Senatsverwaltung, potentiellen Sponsoren, Vorstandsmitgliedern, Vereinsvorsitzenden, am Schach interessierte Personen, die häufig dadurch den Weg in die Berliner Vereine fanden. Dann die vielen Fahrten in Berlin zu Hotels, zum Landessportbund und auch zu den vielen Vereinen. Er sah es als seine Pflicht an, dass Schach in Berlin in aller Munde ist. Sein Name und der Schachsport waren, besonders auch für Außenstehende, eng miteinander verbunden.

Nicht nur aufgrund des von ihm initiierten, beliebten Politikerturniers war er den Politikern der Stadt und auch außerhalb der Stadt gut bekannt, weil er sich nicht scheute, jeden, aber auch wirklich jeden, anzusprechen, ob er denn Schach spielen könne. Die Frage "Spielen Sie Schach?" lag ihm bei jeder außerschachlichen Veranstaltung (Empfänge, Versammlungen, Straßenfesten etc.) auf den Lippen und ein "Nein" wurde meistens zum Anlass genommen, dass das geändert werden muss. Auf die Antwort "ich kann die Regeln" oder "ein bisschen" hat man wenige Tage später einen Brief erhalten, in dem der Termin zum nächsten Politikerturnier mitgeteilt wurde und später hartnäckig mehrfach daran erinnert wurde. Am Berliner Politikerturnier nahmen politische Größen wie zum Beispiel Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Innenminister Otto Schily teil. Letzterer ließ es sich nicht nehmen, das erste nicht von Seppelt organisierte Politikerturnier, an dem er selbst nur noch als Ehrenteilnehmer anwesend war, nur zu besuchen, um mit ihm ein paar Partien zu spielen.

Alfred Seppelt organisierte mit Hilfe seines Vorstands in seiner Amtszeit mehrfach den von ihm ins Leben gerufenen "Berliner Sommer", das damals größte Schachturnier in Deutschland, von dem der Berliner Schachverband heute noch profitiert. Das Spielmaterial und die finanziellen Sicherheiten sind nicht zuletzt diesem besonderen Turnier zu verdanken. In der Woche des Berliner Sommers war Ausnahmezustand. Viele Mitglieder aus Berliner Schachvereinen spielten natürlich mit, der gesamte Vorstand war in die Organisation und Turnierleitung oder Bulletinredaktion integriert. Ich bin froh darüber, mehrere Jahre als Teilnehmer und danach auch als Mitglied der Organisation bei diesem unvergleichlichen Turnier dabei gewesen zu sein. Wer nicht mitspielte oder mitorganisierte, kam als Zuschauer. Schon der Abend vor dem Turnier, als an dem die Teilnehmer zum Hotel pilgerten, um sich zu registrieren, hatte ein ganz besonderes Flair. Man fühlte sich als Schachspieler in Berlin stets ernst genommen und durfte froh sein, zu dieser Gemeinschaft zu gehören. Das ist zum großen Teil diesem Mann zu verdanken.

Aber auch nachdem er 2004 sein Amt aus Altersgründen an seinen Nachfolger Dr. Matthias Kribben abgab, war er weiter sehr interessiert am Berliner Schach, nahm häufig noch an Vorstandssitzungen teil, kam immernoch oft in die Geschäftsstelle und telefonierte weiter. Es war eine Selbstverständlichkeit für Parteien und Organisationen wie z.B. den Landessportbund, Alfred Seppelt weiter zu allen Empfängen und Versammlungen einzuladen. Und dort war er weiter aktiv für den Berliner Schachsport, stellte jedem seine auch dort berühmte Frage weiter. Auch in meiner Amtszeit seit 2010 gab es keinen Verbandstag, zu dem ich Herrn Seppelt nicht begrüßen durfte, an dem er nicht, egal wie es ihm gesundheitlich ging, teilnahm. Er hinterließ uns folgenden Präsidenten, und da darf ich sicher auch im Namen meines direkten Vorgängers reden, große Fußspuren und machte uns vor, wie es idealerweise zu funktionieren hat.

Wir alle sollten und werden Alfred Seppelts Werk für das Berliner Schach in Ehren halten und ihn als große Persönlichkeit stets dankbar in Erinnerung haben.

Carsten Schmidt, Präsident des Berliner Schachverbandes

Erinnerung an den Ehrenpräsidenten Alfred Seppelt

Wir haben ihm unglaublich viel zu verdanken. Was das Leben lebenswert macht, darüber herrschte Klarheit im 86-jährigen Wirken von Alfred Seppelt. Ohne Zweifel – es war das Schachspiel.
Schon immer umtriebig, begann er seine Karriere kurz nach dem 2. Weltkrieg, als jüngster Unternehmer in Berlin und wandte sich sportlich vom Fußballspiel, wo er sich mäßig begabt sah, zum Schachspiel hin, das ihn sein Vater lehrte. Als Mitglied der legendären Stadtauswahl Berlin (West) bereiste er schon in den 50er Jahren Europa zum Schachspielen, errang die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft mit Eckbauer, war 1960 Berliner Meister und wurde einmal Berliner Pokalsieger 1978. Er war selbst ein großer Schachspieler, aber als Schachfunktionär hat er seine Berufung gefunden.
Alfred Seppelt verfolgte über 50 Jahre vor allem ein Ziel: Berlin soll erfasst sein vom Schachspiel!
Seit 1976 war er aktiv im Vorstand des Berliner Schachverbandes als Pressewart und 1984 bis 2004 als Vorsitzender und Präsident tätig. Nach frühzeitiger Beendigung seines Berufslebens konzentrierte er sich 28 Jahre lang mit einem vollen, unermüdlichen Einsatz auf das Berliner Schach.
Bekannt ist er in ganz Europa als Organisator des „Berliner Sommers“, dem weltweit größten in einer Gruppe gespielten Schweizer-System-Turnier.
1990 vereinigten sich unter seinem Vorsitz die beiden Berliner Schachverbände als erste Sportverbände in Deutschland.
1992 erhielt er das Bundesverdienstkreuz für seinen Einsatz im Schach und der Gesellschaft.
Im Grunde war es für Alfred Seppelt ein Unding, wenn nicht jeder Berliner mindestens
einmal am Tag an Schach denkt, wenn er schon nicht spielt. Es gibt nur wenige hier in Berlin, die er mit seiner legendären Frage verschont hat: „Spielen Sie Schach?“ Das war Seppelts Königsangriff.
Ich erinnere mich noch gut, wie er Prominente aller Art: Schauspieler, Fußballer, Politiker wie Gregor Gysi oder Innenminister Otto Schily, der im selben Flieger saß, nach dem Aussteigen direkt überfallen hat mit der, wie immer präzise formulierten Frage: „Spielen Sie Schach?“
Klar war, Minister Schily sah sich gebeten, an Seppelts Politiker-Schachturnier teilzunehmen. Das Politiker-Turnier hat Seppelt Anfang der 80er Jahre ins Leben gerufen. Seitdem läuft die größte Schachwerbeveranstaltung für das Deutsche Schach. Schily kam natürlich – er konnte ja gar nicht anders, wie auch schon Richard von Weizsäcker oder Wolfgang Thierse oder Wolfgang Schäuble.
Seppelt hat jeden, egal wie prominent, egal wie wichtig, egal bei welchem Anlass angesprochen, und immer mit der klassischen Seppelt-Eröffnung in ein Schach-Gespräch verwickelt. Und am Ende, nach dem Dialog musste der Gesprächspartner irgendetwas für das Berliner Schach tun. Das ging gar nicht anders.
Seppelt hat aber nicht nur Menschen gewonnen, begeistert und motiviert, sondern sie auch zu Sponsoren gemacht und Geldquellen eröffnet. Und das leidenschaftlich und hartnäckig. Eine Absage war für Seppelt nur der Beginn einer erfolgreichen Kontaktaufnahme. Und wenn ihm jemand Mittel für den Schachsport verweigern wollte, war das bei ihm nur Ansporn zu noch mehr Engagement.
Für einen Zuschuss von 600 D-Mark, der wegen einer versäumten Frist zunächst
nicht ausgezahlt wurde, ist er zehnmal zum Berliner Landessportbund gefahren, bis die Sachbearbeiter ihm endlich das Geld erstatteten. Auch sie konnten nicht anders.
Und eine Reihe von Hoteldirektoren der Stadt hat er solange bearbeitet, bis auch diese nicht anders konnten, und ihm für das Schachturnier „Berliner Sommer“ ein paar Zimmer für die eingeladenen, internationalen Spitzenspieler unentgeltlich zur Verfügung stellten. Dass die Spitzen-Spieler nicht immer Spitzen-Gäste waren – und manche Hotels den Tag der Zusage heimlich verfluchten, hat Alfred Seppelt nicht davon abgehalten, im nächsten Jahr im selben Hotel wieder anzufragen.
Schließlich ging es um Spitzensport und Schach in Berlin!
Er hat alles getan und zuletzt seit 2004 auch als Ehrenpräsident immer noch einiges, um Schach besonders in Berlin populär zu machen.
Seit Seppelt ist Schach in der Stadt kein Randsportereignis mehr!
„Alles was am Schachbrett zählt, sind gute Züge“ hat der Weltmeister Bobby Fischer einmal gesagt. - Übrigens auch ein Logiergast bei Herrn und Frau Seppelt, ohne deren stete Toleranz und Mithilfe vieles nicht denkbar gewesen wäre.
Alfred Seppelt sind viele gute Züge eingefallen.
Im Berliner Schachverband steckt noch manches aus Seppelts Wirken, er hat seinem früheren Präsidenten etliches zu verdanken – nämlich erfolgreiche Jahre, sportlich, finanziell und im Ansehen.
Der Schachverband wäre ohne Herrn Seppelt und umgekehrt Herr Seppelt wäre ohne den Schachverband und die zahlreichen Helfer nicht das, was sie jeweils waren oder sind.

Martin Hamann, Vorsitzender SK CAÏSSA, vierzig Jahre in verschiedenen Funktionen im Berliner Schachverband tätig.

 

Bearbeiter: Carsten Schmidt | | Archiv: BSV - Nachrichten | ID: 1897

Keine Kategorie zugeordnet

Zurück

  •