BTB-Traditionstreffen im "en passant"

Frank Hoppe

Das Schachcafé "en passant" war am Donnerstag, dem 25. August Gastgeber für den BTB-Treff. Nein, nicht den Treff der Berliner TrunkenBolde, sondern der "Veteranen" des nicht mehr existierenden Schachvereins Blau-Weiß Team Berlin, in der DDR bekannt als Berliner TransportBetriebe Zentrum.

Bernd Jankowiak, wenige Tage vorher 75 Jahre alt geworden und einst Vorsitzender bei BTB, hatte dazu eingeladen. Den Berichterstatter hatte er eigens dafür hinzuzitiert: "An diesem Tag habe ich vor, alte BTB-Geschichten zu präsentieren. Dazu habe ich meine alten Unterlagen durchforstet und es ist einiges zusammengekommen. Das könnte Dich auch interessieren." meinte Bernd.

Meine Anwesenheit - ich war nie Mitglied bei BTB - rief dann auch bei einigen BTBlern Erstaunen hervor: "Dich kenne ich aber nicht!" Ähnlich erstaunt war meine Vereinsvorsitzende Katja Sommaro, aber aus einem anderen Grund. Sie hatte just an diesem Abend eine Vorstandssitzung einberufen, von der ich nichts wußte. Und nun sah sie mich unter den BTB-Veteranen sitzen.
Nach einem kurzen Gespräch mit ihr durfte ich weiter beim BTB-Treff verweilen, mich an den Köstlichkeiten des Büfetts laben und Bernd Jankowiak's Worten bei dem Beamervortrag lauschen.

Schwierige Recherchen

Vom Schach in der DDR-Hauptstadt ist nach der politischen Wende 1989/90 relativ wenig übrig geblieben. Die Geschäftsstelle des Bezirksfachausschusses Schach, die dieser sich mit anderen Sportarten teilte, wurde mir nichts dir nichts abgewickelt und alle Unterlagen vernichtet. Allerdings war da schon zu DDR-Zeiten wenig an Unterlagen vorzufinden, weil fast alle organisatorischen Tätigkeiten dezentral über die Kommissionen abliefen. Die privat angelegten Dokumente blieben so meistens privat und wurden wahrscheinlich oftmals später entsorgt. So hat Alfredo Helm (†) seine komplette Sammlung von Dokumenten aus Platzgründen irgendwann vernichtet. Alfredo war viele Jahre Klassifizierungsbearbeiter und erhielt dadurch sehr viele Tabellen. Ich meldete mich damals leider zu spät bei ihm, um noch etwas der Nachwelt zu erhalten.

Eineinhalb Monate vor dem BTB-Treff fragte Bernd Jankowiak auch bei mir nach, ob ich noch Unterlagen hätte, z.B. zur BMM. Ich mußte ihm leider eine negative Auskunft geben, wobei ich das möglicherweise bei mir vorhandene Material größtenteils noch nicht gesichtet und dokumentiert hatte.

Von BTB Zentrum bis zum SV Empor

Rätselhaftes Gründungsjahr: 1952 - 1977 / 25 Jahre BSG BTB Zentrum
  • 26.04.1958 Gründung der BSG BTB Zentrum durch Zusammenschluß der Vereine BSG Lok Osthafen und BSG Lokomotive Zentrum. Eine Kopie des Gründungsprotokolls befindet sich im Archiv von Bernd Jankowiak. Franz Wirwar wird erster Sektionsleiter der neuen Schachabteilung.
  • 1971 Bernd Jankowiak löst Franz Wirwar als Sektionsleiter ab und bleibt dies bis Oktober 2000.
  • 1990 Neuer Name: SG Blau-Weiß Team Berlin
  • 03.10.2000 Ausgliederung der Schachabteilung
  • Oktober 2000 Anschluß an den SV Empor Berlin

Die BSG BTB Zentrum hatte viele Trägerbetriebe, die den Vereinssport finanzierten: Reisebüros, Fahrgastschiffahrtsbetriebe, Werften, Lagerhäuser, Reedereien, Müllabfuhr. Alles zusammen ergab den Vereinsnamen BTB = Berliner Transportbetriebe. Hauptträgerbetrieb war die Großberliner Straßenreinigung und Müllabfuhr. Sie finanzierte auch das Vereinsheim in der Stargarder Straße.

Das obenstehende Bild verfestigt das Jahr 1952 vom Bild mit dem Ehrenwimpel. Bernd Jankowiak erklärte die großen "40 Jahre"-Buchstaben im Hintergrund anders, als ob diese versehentlich dort hängengeblieben wären, z.B. von 40 Jahre DDR (1949 - 1989).

Meine These: 1952 ist eines der Gründungsjahre der beiden Vorgängervereine. Eine kurze Internetrecherche ergibt aber:

12.07.1951 Gründung BSG Lok Osthafen. Interessant dabei: Der Berliner Tourenseglerclub Blau-Weiß e.V. (BTB) sieht dieses Gründungsdatum als das seine an. (Quelle: btb-ev.de)

Über die Gründung einer BSG Lok Zentrum ist leider nichts im Internet zu finden.

Wiederholung einer Pokalübergabe

39 Jahre liegen zwischen den beiden folgenden Bildern. 1977 trafen sich BTB, Post (später Zusammenschluß mit der West-Post, danach Auflösung), WBK (heute SV Bau-Union) und Motor Berolina (heute SV Berolina Mitte) zu einem Schach-Kegeln-Turnier. Dabei gewann Michael Scharnbeck einen zweiten Preis und bekam einen Pokal überreicht. Diese Übergabe stellten die beiden nun am 25. August 2016 mit demselben Pokal nach:

14½:½ für Kowaljow

Am 5. November 1992 holte sich BTB den weißrussischen GM Andrej Kowaljow in sein Sportheim zu einer Simultanvorstellung. Kowaljow fertigte die BTB-Spieler mit 14½:½ ab. Horst Schönig erreichte das einzige Unentschieden. Als das Bild mit Kowaljow am Tisch von Schönig an der Wand erschien, wurde verzweifelt nach Horst Schönig gesucht. Der 81-Jährige saß an einem Tisch vor dem "en passant". Er wurde hereingeholt und konnte sich noch einmal 24 Jahre in die Vergangenheit versetzen:

DDR-Fernschachpokalsieger Bernd Chod

Der zweifellos berühmteste BTB-Spieler ist Bernd Chod. Er hat sich mit dem Sieg im 9. DDR-Fernschach-Pokalturnier 1989 ein Denkmal gesetzt. Der 75-Jährige lebt seit Jahren in Plön (Schleswig-Holstein) und spielt beim TSV Hessenstein im Schachbezirk Kiel. Beruflich handelt er mit Porzellan, wie man leicht auf seiner Website www.porzellan-bernd.de nachlesen kann.

Ich war ziemlich erstaunt zu hören, daß der Fernschach-Pokalsieg nicht allein auf menschlicher Spielstärke beruhte. Von der hatte Bernd mit seiner Leistungsklasse 1 (entspricht etwa DWZ 2070) zwar genug, doch ein westlicher Schachcomputer namens "Mark V" sorgte wohl für einen nicht unerheblichen Spielstärkezuwachs. Und das trotz dessen vergleichsweise bescheidener Spielstärke um 1600 Elo. Zusätzlich unterstützten ihn Kollegen aus dem Verein, denn der Computer allein hätte nie ausgereicht, um so weit vorn zu landen.

Blitzturnier mit Gast

Für das anschließende Blitzturnier fanden sich noch zehn Spieler zusammen, darunter der Autor, der lange Zeit seine Führung verteidigen konnte. Bis in der letzten Runde Frank Kimpinsky die Ehre von BTB rettete.

Richtig platt war ich, als mir Geburtstagskind Bernd Jankowiak trotz Dame mehr den Friedensschluß anbot. Ich war so frech es anzunehmen. Lachend

Pl. Name DWZ Verein Pkt. SoBe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1. FM Frank Kimpinsky 2119 Empor 7,5 x 1 0 1 1 1 ½ 1 1 1
2. Frank Hoppe 1915 Berolina Mitte 7,0 0 x ½ 1 1 1 ½ 1 1 1
3. Thilo Richter 1755 - 6,5 1 ½ x ½ ½ ½ ½ 1 1 1
4. Bernd Chod 1858 TSV Hessenstein 5,5 16,75 0 0 ½ x ½ ½ 1 1 1 1
4. Michael Scharnbeck 1816 Empor 5,5 16,75 0 0 ½ ½ x ½ 1 1 1 1
6. Axel Szallies 1900 - 4,5 0 0 ½ ½ ½ x ½ ½ 1 1
7. Bernd Jankowiak 1650 Empor 3,0 ½ ½ ½ 0 0 ½ x 0 ½ ½
8. Reinhardt Wagner 1542 Empor 2,0 6,25 0 0 0 0 0 ½ 1 x ½ 0
9. Dirk Hennings 1638 Berolina Mitte 2,0 4,00 0 0 0 0 0 0 ½ ½ x 1
10. Jörg Haucke 1679 Empor 1,5 0 0 0 0 0 0 ½ 1 0 x

Zu den Zuschauern gehörte auch Gunter Pohling. Der inzwischen fast 62-Jährige war bis 2006 beim SV Empor Mitglied und zuvor bis 1993 auch mal bei BTB. Eher zufällig war er an diesem Abend zu Gast - sehr braungebrannt und weit durch die Welt gereist.

Frank Hoppe

Vortrag im Internet

Nahezu alle Dateien des gesamten Vortrags von Bernd Jankowiak und noch einige weitere mehr aus dem Archiv von Michael Scharnbeck, werden in den nächsten Wochen online zur Verfügung gestellt. Ich teste derzeit eine DigiViewer-Implementation auf Contao-Basis mit dem BSV-Mitteilungsblatt, die ich dann auch dafür nutzen möchte.

Frank Hoppe

Bearbeiter: Frank Hoppe | | Archiv: BSV - Nachrichten | ID: 2280

Kategorie: Presse

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